Als im Osten Libyens die Revolution begann, ist Jonathan Stock hingefahren. Einfach so, auf eigene Faust – und wurde über Nacht zum Kriegsreporter. Wurde von Spiegel Online angestellt und wieder gefeuert, als er eigenmächtig in den Norden Syriens reiste. Hier erzählt er von der Achterbahnfahrt der vergangenen Monate, vom Sog des Verbotenen und der befreienden Kraft einer Kündigung, von der Angst im Kugelhagel und den Schwanzvergleichen unter Kriegsreportern, von der Intensität des Lebens in einer belagerten Stadt und der Leichtigkeit des Schreibens über den Krieg.
RF: Lieber Jonathan
Stock, ich fasse mal kurz die turbulenten Ereignisse der vergangenen
Monate zusammen. Ende Februar war Ihr letzter Tag als Redakteur bei
Geo Epoche. Kurz darauf sind Sie auf eigene Faust nach Bengasi,
Libyen, gefahren und wurden prompt von Spiegel Online als Reporter
angestellt. Sie haben aus Bengasi berichtet, und einige Wochen später
auch aus dem von Gaddafi-Truppen eingeschlossenen Misurata. Anfang
Juni sind Sie undercover nach Syrien eingereist, gerade als dort
Regierungstruppen gegen aufständische Dörfer vorgingen – entgegen
der ausdrücklichen Weisung Ihrer Redaktion, nicht nach Syrien zu
fahren. Sie wurden fristlos entlassen. Ihr Artikel über Syrien
erschien wenig später auf der Website des New Yorker. – Wie geht
es Ihnen nach alldem?
Stock: Gut. Sehr
gut. Mir war klar, dass es beim Spiegel auf eine Kündigung
hinausläuft, wenn ich nach Syrien fahre. Davor hatte ich Angst. Aber
als es dann so weit war, war alles total ok. Der Horizont öffnet
sich, der Wind weht wieder, und schon beginnt man, über neue Themen
nachzudenken. Erst dachte ich: Morgen, an meinem ersten Tag als
Arbeitsloser, geht die Welt unter. Und dann bin ich aufgewacht und
sie war noch da. Ein sehr befreiendes Gefühl.
RF: Nicht jeden
Redakteur eines Geschichtsmagazins zieht es in den Granathagel.
Stock: Mich auch
nicht. Ich bin nach Libyen gefahren, als dort die Revolution begann,
und bin heimgekehrt aus einem Krieg. Mir ging es wie dem Frosch, der
im Wasser sitzen bleibt, weil es ganz allmählich erhitzt wird.
RF: Was hat Sie
gereizt, nach Libyen zu fahren?
Stock: Am Anfang war
es Neugier, Abenteuerlust und Ehrgeiz. Dann kommt noch etwas hinzu,
was ich nicht so richtig beschreiben kann, eine Art Sog. Bergsteiger
kennen den auch. Die müssen auf einen bestimmten Berg klettern, und
wissen nicht warum. Manchmal reichen nur ein paar Worte, um diesen
Sog auszulösen, dann weiß ich: Das ist es, das muss jetzt sein. Ich wusste vorher
nichts über Libyen. Aber dann ist man dort und plötzlich läuft
einem Ahmed
Al-Zubair Al-Senussi
über den Weg, Verwandter des Königs, politischer Gefangener, 31
Jahre im Knast, länger als Nelson Mandela. Jetzt ist er 77 und
mischt wieder bei den Rebellen mit. Das ist doch sowas von irre. Und
schon will man verstehen und wissen und schreiben. So wurde aus der
Abenteuerlust dann irgendwann politisches Interesse. Vielleicht hat jeder
Journalist einmal im Leben Gelegenheit, Zeuge einer Revolution zu
werden. Zu begreifen: Dass die Macht tatsächlich auf der Straße
liegt. Dass Institutionen nicht naturgegeben sind, sondern auf einem
Gesellschaftsvertrag beruhen – der kündbar ist. Beschließen die
Menschen, die Kasernen zu stürmen und die Polizeistationen
abzufackeln, dann kann kein Staat, kein Politiker sie aufhalten. Ich
konnte in Libyen miterleben, wie Demokratie entstehen kann. Womit wir
wieder bei Geo Epoche sind. Dort habe ich ja genau das gemacht:
historische Ereignisse zu beschreiben.
RF: Wie entstand
ganz konkret der Gedanke, nach Libyen auzubrechen?
Stock: Einige Tage
nach meiner Kündigung bei Geo Epoche habe ich bei einem Freund
Nudeln gegessen. Er fragte mich: Warum bist du eigentlich nicht in
Libyen? Ich meinte: Stimmt, warum eigentlich nicht? Ich hab mir dann
1000 Euro von meiner Mitbewohnerin geliehen und bin am nächsten Tag
nach Kairo geflogen, von da aus mit einem Taxi an die Grenze. Ich
dachte, das muss jetzt schnell gehen, bevor der große Run losgeht
und sich Hunderte Journalisten die Füße platt treten.
RF: War die Einreise
schwierig?
Stock: Im Gegenteil:
Die Grenze im Osten stand weit offen. Auf der ägyptischen Seite
herrschte noch die übliche Bürokratie. Und hinter der Grenze war
Karneval. Am Straßenrand standen jubelnde Rebellen, die einen
durchwinkten und sich freuten, dass man kam. In Bengasi waren die
Studenten auf den Straßen und haben den Verkehr geregelt, Anwälte
haben eine Regierung gebildet, es war einfach eine Feier, eine ganz
große Feier.
RF: Und dann kamen
die Panzer.
Stock: Genau. Wobei
man das alles nie wirklich mitbekommen hat. Es gab ständig Gerüchte,
unendlich viele Gerüchte. Dass Bengasi gerade eingekesselt wird.
Dass die Rebellen nach Tripolis unterwegs sind. Total verquere
Geschichten. Viele Reporter da, die schon einiges gesehen haben,
meinten: Sie hätten selten so viele Falschinformationen in so kurzer
Zeit bekommen. Und dann ist die versammelte Weltpresse tatsächlich
einmal abgehauen, nach Tobruk.
RF: Warum?
Stock: Im Grunde
genommen lag es an Jon Lee Anderson, dem Kriegsreporter des New
Yorker. Es war ein Mittwoch. Es gab eine Pressekonferenz des
Übergangsrates. Tenor: Alles unter Kontrolle. Da ist er aufgestanden
und hat gesagt:
„Nichts
ist unter Kontrolle. Das ist jetzt wirklich gefährlich hier. Wir
müssen raus aus der Stadt.“ Das hat natürlich Eindruck gemacht.
Wenn Jon Lee Anderson das sagt, ein gestandener, eisenharter
Kriegsreporter. Der ja nun jeden Konflikt der letzten 30 Jahre
mitbekommen hat. Und dann hieß es:
Jetzt aber los, und es sind tatsächlich fast alle nach Tobruk
gefahren, ein Stadt nicht weit von Ägypten, die galt als sicher. Nur
einer kam nicht: Jon Lee Anderson. Er blieb in Bengasi. Als den
Kollegen das klar wurde, waren viele sauer auf ihn und meinten, der
hat uns verarscht, der will die Geschichte für sich allein haben.
Die Hauptstadt der Rebellen, von Gaddafis Panzern erobert – klar,
irre Story, und die hätte er exklusiv aufschreiben können.
RF: War es eine
bewusste Finte?
Stock: Ich denke
schon. Ich bin am nächsten Tag, Donnerstag also, zurück nach
Tobruk. Das Hotel, eben noch mit Journalisten überfüllt, war
komplett verlassen, Anderson saß barfuß in seinem Zimmer und skypte
über Satellitentelefon mit einer Freundin. Er sagte einfach: „I
didn’t feel like going.“
RF: Am Samstag waren
die Panzer dann in der Stadt.
Stock: Genau.
Inzwischen waren etliche Kollegen wieder zurück in Bengasi. In so
einer Situation wird dann vieles gemeinsam entschieden. Sollen wir
jetzt noch raus oder lieber da bleiben? Am Ende richtet man sich nach
den alten Hasen, Anderson, oder Anthony Lloyd von der London Times.
Die meinten: Erstens wissen wir nicht, ob die Stadt schon eingekreist
ist und wir bei der Flucht mitten in die Panzer hineinfahren.
Zweitens: In diesem Chaos die Check-Points zu passieren, die besetzt
sind mit aufgeregten Rebellen - das wäre viel zu gefährlich. Ich
fand das plausibel. Viele sind also erstmal da geblieben und haben
sich eingerichtet auf den Angriff. Absurde Szenen: Ein
Kollege vom holländischen Fernsehen hat erst live vom Hotel-Balkon
berichtet und dann seine Schutzweste angelegt und die
Gaddafi-Devotionalien ausgepackt, die er vorher in Tripolis
eingekauft hatte, das „Grüne Buch“, Gaddafi-Uhren, das wollte er
vorzeigen, wenn das Hotel gestürmt würde. Am Ende wehrten die
Rebellen den ersten Angriff ab und am nächsten Morgen kamen die
französischen Kampfflugzeuge und haben die Panzer bombardiert. Ab da
war eigentlich klar, dass nichts mehr passieren kann, außer
Attentate in der Stadt selbst.
RF: Wie war die
Situation in Bengasi während des Angriffs?
Stock: Die Euphorie
war weg, die Stimmung begann zu kippen. Überall wurden Barrikaden
aufgebaut. Ein Flugzeug wurde abgeschossen und stürzte auf die
Stadt. Die alten Fronten brachen wieder auf, denn natürlich gab es
in Bengasi noch immer Gaddafi-Anhänger. Ich habe die meiste Zeit
gearbeitet, gefilmt, ein Interview mit dem Rebellenführer Fateh
Terbel geführt, der jetzt ja mit seiner Exekution rechnen musste.
Ich war zu beschäftigt, um Angst zu haben. Die Angst kam später,
als alles vorbei war.
RF: Über was haben
Sie in Bengasi berichtet?
Stock: Einen Mann
werde ich nie vergessen. Der lief schweigend durch die Straßen und
hielt ein Bild von seinem Sohn hoch, den ganzen Tag. Der Sohn war von
Gaddafis Geheimpolizei gefoltert worden und starb im berüchtigten
Abu Salim Gefängnis in Tripolis. Er war froh, dass er das endlich
zeigen konnte. Ansonsten habe ich viel über die Jugendlichen
gemacht, die auf einmal in diesem Krieg waren, und ja vorher
eigentlich nichts anderes kannten als Gaddafi. Es war erschreckend zu
beobachten, wie sie das Gelernte immer wieder neu anwendeten, sei es
Propaganda oder die Bestrafung an Gefangenen. Das Erschreckendste war
aber diese Lust am Krieg.
RF: Was meinen Sie
damit?
Stock: Naja, die
meisten Teenager waren einfach heiß drauf, sich zu beweisen. Gerade
für viele junge, frustrierte, arbeitslose, unverheiratete Männer
übte die Front fast schon eine Art sexuelle Anziehungskraft aus. Und
die Gewalt dort kann man vielleicht ein paar Tage unbeschadet
überstehen, aber irgendwann verroht sie einen zwangsläufig. Da
entsteht jetzt eine junge, traumatisierte Kriegsgeneration, die
später mal ein Land führen soll.
RF: Haben Sie selbst
es gemocht, das Kriegsgefühl? Das Adrenalin, die Konzentration, die
Gefahr?
Stock: Ich denke
schon. Krieg ist furchtbar. Ohne jedes Aber. Gerät man nur in die
Nähe einer Kampfhandlung, ist da nur noch Angst und ein mächtiger
Fluchtreflex: sofort weg zu wollen, sofort. Und man ärgert sich
maßlos darüber, an diesem verdammten Ort zu sein. Mann, mit einem
Bein zurück zu kommen, wegen so einer Scheiße, das ist es echt
nicht wert, dachte ich dann oft. Andererseits – für
einen Journalisten sind solche Krisensituationen natürlich perfekt.
Zynisch gesehen. Es passiert ständig etwas. Du musst nur
aufschreiben, was du siehst. Du musst nicht mal besonders gut
schreiben können. Du musst nie erklären, warum der Artikel wichtig
ist, er ist immer relevant. Du stolperst ständig über Geschichten,
unglaubliche Geschichten. Die Menschen haben ein Bedürfnis, dir
alles aus ihrem Leben zu erzählen, weil sie wollen, dass die Welt
von ihnen erfährt. Und bei allem, was du tust, hast du auch noch das
Gefühl, etwas Gutes zu tun. Ganz ehrlich: Die
historischen Rekonstruktionen, die ich bei Geo Epoche geschrieben
haben, waren journalistisch anspruchsvoller. Psychisch und sogar
körperlich anstrengender. Es ist komplizierter, einen Epoche-Artikel
über das Wiener Kulturleben um 1900 zu schreiben als einen Artikel
über Scharfschützen in Misurata. Aber das Erleben ist halt ein
anderes. Ich weiß nicht, wo es das sonst gibt.
RF: Sind viele junge
Journalisten wie Sie auf eigene Faust nach Libyen gereist?
Stock: Außer zwei,
drei Amis ist mir am Anfang niemand begegnet. Was mich gewundert hat.
Ein historischer Augenblick. Gaddafi. Die Revolution. Ein Flug nach
Kairo, eine Autofahrt, und schon wäre man da gewesen. Gut, vor Ort
wird es dann leicht teuer. Die Hotels, die Übersetzer. Aber ich
glaube, für die meisten freien Journalisten hätte es sich
gerechnet.
RF: Anfang März
sind Sie zurück nach Deutschland, haben Ihren Vertrag bei Spiegel
Online unterschrieben, und sind gleich am nächsten Tag zurück
geflogen nach Libyen. Anfang April dann in das von Gaddafi-Truppen
belagerte Misurata gefahren. Wie sind Sie dorthin gekommen?
Stock: Mit einem
Fischerboot ab Malta. Es transportierte Lebensmittel und Medikamente
nach Misurata und nahm immer wieder Journalisten mit. Der Kapitän
stammte aus Misurata, ein mutiger Mann, es war seine fünfte Tour, er
wusste also, was er machte. Klar gab es ein Restrisiko: Der Hafen von
Misurata wurde mehrfach mit Grad-Raketen beschossen. Aber: Die
Raketen sind sehr ungenau. Wir hätten schon viel Pech haben müssen,
dass eine Rakete genau unser Boot erwischt.
RF: Wie fühlt es
sich an, das Leben in einer belagerten Stadt?
Stock: Das Leben
läuft weiter wie unter einem Brennglas. Auf einmal fragt sich jeder,
was eigentlich wichtig ist, seine Familie, seine Freunde, er selbst.
Das kann sehr schön sein. Nachbarschaftsstreitigkeiten werden
begraben, die Hilfsbereitschaft ist gigantisch. Die Leute stehen
stundenlang in einer Schlange an, um Brot zu kaufen, und wollen einem
dann die letzte Scheibe schenken. Alles ist intensiver. Die Freude
ist intensiver, die Trauer ist intensiver. Es ist wie ein Drogentrip.
Sowas kann, glaube ich, leicht süchtig machen. Ich habe in Misurata
sicher jeden Tag einmal geweint, und habe jeden Tag mehrmals gelacht.
RF: Wann haben Sie
geweint?
Stock: In Misurata
haben viele Journalisten in einer Art Bungalow-Anlage gewohnt, für
Mitarbeiter großer Firmen. Ebenfalls untergebracht waren dort
Flüchtlinge aus den besetzten Stadtteilen, darunter auch viele
Kinder. An einem Tag haben die noch mit uns Schießen gespielt, am
nächsten Tag, schlug eine Mörserrakete in den Hof ein. Der Fotograf
und ich waren vielleicht 30 Meter entfernt. Der Fotograf ist
hingelaufen, ich bin weggelaufen. Als ich später in den Hof kam, war
da nur noch eine Blutlache. Später wollte uns der Vater eines der
Jungen sehen, er saß da mit glasigen Augen und meinte nur: Mein Kind
ist gestorben. Und hat uns angegrinst.
RF: Haben Sie
darüber geschrieben?
Stock: Nein. Ich
habe es in einem Absatz erwähnt. Ich wusste wirklich nicht, wie ich
das aufschreiben sollte. Sonst fragt man sich ja immer: Sind meine
Szenen stark genug? Hier war das Problem genau andersherum. Ich
dachte: Das ist zu krass, das kannst du nicht schreiben.
RF: Welches war die
bemerkenswerteste Geschichte, die Sie in Misurata erlebt haben?
Stock: Die
Geschichte von dem Fleischer und seiner Familie, die drei Wochen in
einem Haus zwischen den Fronten gelebt haben. Dort, wo die
Scharfschützen saßen. Als ich davon hörte, dachte ich: Das kann
nicht sein, das hat er sich komplett ausgedacht, drei Wochen lang
festsitzen zwischen Gaddafi und den Rebellen. Er hat sich befreit,
indem er sich und seinen Angehörigen schlammfarbene Bettlake
übergezogen, und dann haben sich alle eines Nachts ganz langsam aus
dem Haus geschlichen. Völlig verrückt.
RF: Haben Sie
überprüft, ob die Story stimmt?
Stock: Es gab
Nachbarn, Zeugen, und Marcel Mettelsiefen, der Fotograf, und ich haben
die Familie über drei Tage besucht und stundenlang getrennt
interviewt, auch die Kinder. Klar, es hätte immer noch gelogen sein
können. Aber das war alles so konsistent und komplex, da hätte man
schon Hollywood-Drehbuchschreiber sein müssen, um sich sowas
auszudenken. Und der Mann war Schlachter. Außerdem wollte er gar
nichts von uns, der war glücklich seine Ruhe zu haben und hatte eher
Angst um seine Verwandten in Tripolis, wenn das rauskommt. Solche
Geschichten haben mich am meisten berührt: Von einfachen Leuten, die
unverschuldet plötzlich in so etwas Großes hineingeraten.
RF: War es
gefährlich, in Misurata zu arbeiten?
Stock: Ja, auf jeden
Fall. Aber Gefahr ist immer eine Grauzone. Hier die Tripolis-Street,
das Zentrum der Kampfhandlungen, dort Stadtviertel, wo man Cappuccino
trinken konnte. Man konnte zum Teil Block für Block abschätzen, wie
gefährlich es war. Da sind die Scharfschützen, da vorn gehen Mörser
runter, hier erreichen dich vielleicht noch die Splitter. Aber einen
Tag später konnte es schon wieder ganz anders sein. Als Schreiber hat
man es viel einfacher als die Fotografen. Man muss nicht dabei sein,
wenn etwas passiert. Man muss nicht an die Front. Die Front verändert
sich höchstens geografisch, aber die Leute machen meist immer
dasselbe - schießen. Die spannendsten Geschichten für mich als
Schreiber spielen hinter der Front.
RF: Wie haben sich
die anderen Reporter geschützt?
Stock: Im angelsächsischen
Raum gibt es dafür Richtlinien, etwa die „High Risk Guidelines“
bei der BBC. Dazu gehören vorgeschriebene Sicherheits- oder
Erste-Hilfe-Kurse, Briefings, Schutzwestenkontrollen. Das gibt es in
Deutschland höchstens beim Fernsehen, aber nicht beim Print. Bei CNN, BBC und New
York Times fährt neben Fotograf und Schreiber meist auch ein Dritter
mit, ein so genannter „Safety Advisor“, meist ein ehemaliger
Soldat oder Söldner, der nur für die Sicherheit zuständig ist. Der
auch die Autorität haben kann, bestimmte Entscheidungen zu
verbieten. Das finde ich eine interessante Idee, denn die Redaktion
zu Hause kann die Lage nur schwer einschätzen. Da kommt etwa eine
Reuters-Meldung rein, die in Deutschland für Aufregung sorgt. Aber
der Mann von Reuters sitzt neben dir und du weißt: Er weiß genau so
wenig wie du. Einmal sollten wir aus Misurata ein Bild schicken, es
gab technische Probleme, da meinte ein Bild-Redakteur: Brennen Sie es
halt auf CD und geben Sie es einem Kollegen mit, der als nächstes
nach Hamburg fliegt. Dabei hatte die Stadt nicht mal Strom,
geschweige denn ein Internetcafé oder einen Flughafen.
RF: Gibt es Themen,
auf die sich alle stürzen?
Stock: In Misurata
sind alle eine Woche lang über die Reste von Streumunition
gestolpert. Plötzlich hat die New York Times groß berichtet:
Gaddafi setzt geächtete Cluster-Bombs ein. Dann ist es ein Thema,
und jede Redaktion will so eine Geschichte. Das Schöne in
Libyen war: Es gab gleiche Bedingungen für alle. Keiner hatte Büros,
Kontakte, Stringer, das Land war ja 42 Jahre mehr oder weniger
abgeschottet. Die New York Times-Leute waren genauso hilflos wie man
selbst und haben genauso gerätselt, wo jetzt dieser Übergangsrat
sitzt, was gerade passiert. Am Anfang konnte jeder einen Scoop
landen. Jetzt ist es schwerer geworden.
RF: Wie sind Sie mit
der Überforderung, dem Stress, der Müdigkeit umgegangen?
Stock: Ich war am
Ende so müde, dass ich während der Gespräche abgeschaltet habe und
gar nicht mehr richtig mitbekommen habe, was mir die Leute eigentlich
erzählen. Ich hab dann tagsüber ein Aufnahmegerät laufen lassen
und das nachts abgehört. Und ich hatte das
Problem, dass mir die Maßstäbe verloren gingen. Dass ich nach ein
paar Wochen nicht mehr wusste, was jetzt noch interessant und
spannend ist. Zum Beispiel in Bengasi, nach dem Raketenangriff der
Franzosen auf die Panzer. Als wir dort am nächsten Morgen hinkamen,
war es schon eine Attraktion, Familien besuchten die Trümmer und
picknickten dort. Als ob sie sich beim Frühstück gefragt hätten:
Was machen wir heute, sollen wir in den Zoo oder uns die Panzer
anschauen? Ich bin da entlanggelaufen, kilometerweit an diesen
Panzern, und habe gedacht: Na ja, schön und gut, aber wen
interessiert das? Das ist doch keine Geschichte.
RF: Jetzt, wo eh
alle kaputt sind.
Stock: Genau. Und am
nächsten Tag war es natürlich in allen Zeitungen. Das ist dann der
Moment, an dem man nach Hause fahren muss, um den Blick wieder klar
zu bekommen.
RF: Irgendwer hat
kürzlich gesagt: Sie sind traumatisiert. Sie sind nach Syrien
gefahren, weil Sie die Gewalterfahrungen in Libyen nicht verkraftet
hätten. Weil Sie, eben, süchtig sind nach dem Kick der Gefahr. Sie
bräuchten keine neue Aufträge, sondern einen Psychologen.
Stock: Klar
verändert das einen. Wäre komisch, wenn nicht. Wenn man das erste
Mal erlebt, wie sich Menschen beschießen. Wie einem junge Leute
erzählen, dass Sie bereit sind, für die Freiheit zu sterben und
zwei Tage später tot sind. Das ist eine Erfahrung, für die ich
vorher keine Schublade hatte, um sie einzuordnen. Das hinterlässt
Narben. Nach meiner Rückkehr
aus Libyen haben mich viele Freunde gefragt, ob ich jetzt schlecht
schlafe. Ich habe aber meist sehr gut geschlafen, und da waren die
beruhigt. Aber man verarbeitet einen Krieg nicht nur im Schlaf.
Stattdessen erschien mir tagsüber das Leben in Deutschland blass und
leer. Wie in Platons Höhlengleichnis: Ich hatte den Eindruck, hier
sehe ich nur die Schatten an einer Wand, und draußen ist das pralle
Leben. Das hat sich zum Glück nach einigen Wochen wieder gelegt. Was psychologische
Hilfe angeht: Da sollte, glaube ich, die ganze Branche
professioneller werden. Alle Journalisten sollten nach solchen
Erfahrungen zumindest einmal zum Psychologen gehen. Andererseits darf
man das jetzt auch nicht überhöhen. Ich habe meinen Zivildienst
hier in Hamburg als Rettungssanitäter gemacht, da erlebt man
ähnliche Geschichten. Meine Freundin arbeitet im Krankenhaus, dort
wird jeden Tag gestorben. Und die Ärzte sind dabei nicht nur
Beobachter wie wir, sondern unmittelbar verantwortlich.
RF: Sie sind vielen
erfahrenen Kriegsreportern begegnet. Den Cowboys unter den
Journalisten. Wie gehen die miteinander um?
Stock: Es gibt eine
Clique von vielleicht 100 Reportern, die von einem Krisenherd zum
nächsten jagen. Wenn die sich treffen, erinnert das an ein
Pfadfinderlager. Abends sitzen sie ums Feuer und erzählen ihre
Heldengeschichten. Wo warst du, wie nah warst du dran, was hast du
erlebt? Wie kleine Jungs: Wer klettert auf den höchsten Ast? Ich
möchte keinem böse Absichten unterstellen, die schreiben ganz toll
und können die Lage intellektuell ganz anders durchdringen als ich.
Aber diese, pardon, Schwanzvergleiche, nerven dann doch. Auch wenn
ich natürlich mitgemacht habe. Immer gibt es ein
Code-Wort. In Libyen war das eine Weile „Ras Lanuf“. Dort waren
die Kämpfe besonders heftig, dort sind die Raketen direkt neben dem
Auto eingeschlagen. Wer abends sagte: Er war in Ras Lanuf, der
gehörte dazu. Später war es Misurata. Ich habe viele getroffen, die
richtig bedauert haben, dass sie nicht in Misurata waren. Die sagten:
Schade, habe ich verpasst. Da geht es dann nicht mehr um die
Geschichte. Sondern darum, dabei gewesen zu sein. In Misurata kamen
Journalisten mit glänzenden Augen zurück von der Tripolis-Street.
Weil da geschossen wurde, weil es gefährlich war.
Kriegsberichterstattung wird ja schnell philosophisch verklärt: Man
will Geschichten von den Menschen erzählen, man will aufklären. Es
ist aber auch dieser Kick.
RF: Der berühmteste
Tote von Misurata ist Tim Hetherington, der altgediente
Kriegsfotograf. Er wurde auf der Tripolis-Street von einer Granate
getroffen. Warum musste er sterben?
Stock: Ich kannte
ihn nicht und war auch nicht dabei, mein Urteil ist deshalb wenig
wert. Ich hätte mich wie Hetherington, ohne Schutzweste und ohne
Helm, nie auf die Tripolis-Street getraut, dem gefährlichsten Ort
Misuratas. Ich hätte mich auch mit Schutzweste nicht auf die
Tripolis-Street getraut, das war vorderste Front, da wurde ständig
geschossen, mit Mörsern, mit Panzerfäusten, ich war in einer
Nebenstraße und habe mir schon fast in die Hosen gemacht, als die
Streumunition auf’s Dach flog. Aber Hetherington war Fotograf, und
für ihn gelten andere Regeln. Wer so intensive Bilder macht, der
kalkuliert auch das Risiko des Sterbens mit ein.
RF: Und dann waren
Sie auf dem besten Weg, ein Spiegel Online-Kriegskorrespondent zu
werden, als Sie, entgegen des strikten Verbotes Ihres Chefs, nach
Syrien eingereist sind. Wie kam es dazu?
Stock: Ich bin in
die Türkei gefahren, um über syrische Flüchtlinge zu berichten,
und hatte mir vorher ein Touristenvisum für Syrien besorgt. Die
Recherche war frustrierend. Man kam damals nur schwer an die
Flüchtlinge heran, die waren noch abgeschottet von der türkischen
Polizei. Und selbst wenn: Wie glaubwürdig waren die? In jedem
Artikel über Syrien stand: Es lässt sich nicht nachprüfen, es gibt
keine unabhängigen Quellen. Dieser ständige Hauch des Zweifels
dabei, der hat mich genervt.
RF: Gab es für Ihre
Einreise wieder dieses Motiv: Neugier und Nervenkitzel?
Stock: Es gab eine
ganze Reihe von Gründen. Klar lockte das Verbotene. Aber ich wollte
auch wissen, was dort los war. Und ich habe mich über Assad
geärgert. Der stellt sich hin und sagt: Ich lass keine Journalisten
rein. Und die meisten Redaktionen halten sich dran. Das kann doch
nicht sein! Und dann stand ich an der Grenze und hatte das Visum und
wusste, dahinter passiert alles. Also bin ich rübergefahren.
RF: Hatten Sie den
Eindruck, Sie gehen ein großes Risiko ein?
Stock: Nein. Ich
hatte die Situation drei Wochen lang beobachtet. Ich hatte mit
mehreren Leuten gesprochen, die in Syrien waren und sich auskennen.
Ich hatte ohne Probleme ein Touristenvisum bekommen. Jürgen
Todenhöfer, gemeinsam mit einer Kamerafrau, war eben noch da
gewesen, ist herumgelaufen wie eine Leuchtrakete und hat auf der
Straße gefragt: „Wo geht es denn hier zur Revolution?“ An der
Grenze haben sie mich sofort reingelassen. Das alles waren Indizien,
dass ich es auf jeden Fall probieren sollte.
Hinter der Grenze
habe ich dann bei Matthias Müller von Blumencron angerufen. Er hat
gesagt: Wenn Sie es in der Branche zu etwas bringen wollen, machen
Sie das jetzt nicht. Kehren Sie um. Ich habe kurz überlegt, ob ich
es in der Branche zu etwas bringen will, und habe dann meinerseits
gekündigt.
RF: Warum hat
Spiegel Online so strikt reagiert?
Stock: Weil Sie
sich, ganz menschlich, Sorgen um mich gemacht haben. Weil Sie nicht
verantwortlich sein wollten, wenn mir etwas passiert. Und zum Dritten
ging es natürlich auch um den Ruf des Blattes. Aber in erster Linie
habe ich Blumencron als umsichtigen Menschen kennen gelernt, der
selbst aus dem Urlaub noch jeden Tag anruft und fragt, wie es einem
geht. Der macht sich wirklich Sorgen um einen.
RF: Hadern Sie mit
sich?
Stock: Ich kann
seine Entscheidung absolut nachvollziehen. Ich hatte danach eine
Aussprache mit ihm. Die war, den Umständen entsprechend, freundlich.
Er meinte zu Recht, dass es für solche Geschichten ein
Vertrauensverhältnis zwischen Redaktion und Autor braucht, ich aber
viel zu kurz beim Spiegel gewesen sei, um ein solches
Vertrauensverhältnis aufzubauen. Ich glaube, ich hätte an seiner
Stelle genauso gehandelt. Ich hätte mich wahrscheinlich selbst
hinausgeschmissen. Aber ich hadere
nicht mit mir. Ich glaube, die Geschichte ist immer wichtiger als der
Job. Deshalb machen wir das doch, daran erinnern wir uns am Ende. Und
solche Geschichten muss man machen, wenn man jung ist. Ich kenne
einen Krisenreporter, der eine schwangere Frau zu Hause hat, ein
anderer ist zweifacher Familienvater. Das könnte ich nicht. Wenn ich
Kinder habe, möchte ich lieber über die Menschen vor meiner Haustür
schreiben.
RF: Wie haben Sie in
Syrien recherchiert? Stock: Ich habe den
naiven Touristen gegeben, eine Rolle, für die ich mich nicht groß
verstellen muss. Dazu hatte ich noch eine Einladung des syrischen
Pfadfinderverbandes. Ich bin seit 20 Jahren Pfadfinder, im Zweifel
hätte ich mit Überzeugung viel langweiligen Kram erzählen können,
das ist wichtig. Aber erstaunlicherweise haben mich die Leute gar
nicht so viel gefragt. Weil sie zu sehr mit sich beschäftigt waren,
mich nicht einschätzen konnten, oder sogar Angst vor mir hatten. Ich
habe in Latakia gesagt, dass ich mich vor den Schießereien fürchte,
und dass ich schnell mit meinen Eltern telefonieren will, die machten
sich Sorgen. Nachts bin ich zur Busstation gefahren unter dem
Vorwand, die Stadt möglichst schnell verlassen zu wollen. So bekam
ich die Straßenkämpfe mit.
RF: Wie lief das ab?
Stock: Es war
Freitag, ich war gerade einmal ein paar Stunden im Land, man hörte
Explosionen, Rauch stieg auf. Ich kannte den Kampfgeruch aus Libyen
und habe einen der Umstehenden gefragt: „What’s going on here?“
Er schaute mich verwundert an und meinte: „What do you mean?“ Das
war schon sehr originell. Wie bei George Orwell. Es wird geschossen,
aber alle sagen: „Nein, hier wird doch gar nicht geschossen, wovon
reden Sie?“ Ganz ähnlich auf
einer Fahrt nach Damaskus: Ich saß im Bus, wir fuhren an Soldaten
vorbei, die sich hinter Sandsäcken verschanzt hatten, und auf einmal
zogen alle ihre Vorhänge zu und schauten ganz interessiert den öden
Film, der auf den Monitoren lief. Das war Gehirnwäsche live. In
Damaskus habe ich einen deutschen Touristen getroffen, der meinte:
„Ach, was in den Medien läuft, ist alles nur Schrott, alles easy
hier, das einzige Problem ist der Durchfall.“ Der ist voll auf die
Propaganda hereingefallen. Nur einmal war es
brenzlig: In Latakia, an der Busstation, wurde mein Rucksack von
einem Offiziellen durchsucht und mein Pass überprüft. Ich hatte
vorher alles von meinem Computer gelöscht, was irgendwie verdächtig
ist. Dennoch: Wenn die etwas hätten finden wollen, hätten sie es
gefunden. Sie hätten mich nur googeln müssen, dann wäre ich am
Arsch gewesen. Was hätte mir im
schlimmsten Fall passieren können? Vielleicht hätte ich zwei Monate
in einem syrischen Gefängnis gesessen. Aber ich wäre nicht
gefoltert worden, nicht vergewaltigt worden, und am Ende wäre ich
wieder herausgekommen. Selbst so ein Wahnsinniger wie Gaddafi hat ja
die Journalisten freigelassen, die in seinen Kerkern saßen. Syrien
ist nicht Somalia oder das Darién Gap.
RF: Wie sind Sie die
Geschichte dann an den New Yorker losgeworden?
Stock: Ich habe
fünf, sechs Sätze aufgeschrieben und sie an Jon Lee Anderson
geschickt, der hat sie weitergeleitet, dann hieß es: Ja, schreib das
mal auf. Ich habe es also ganz simpel herunter geschrieben, die haben
die sprachlichen Fehler korrigiert, dann ist es erschienen.
RF: Wie ist das
Stück dort angekommen?
Stock: Anderson
meinte, vom Ton her erinnere es ihn an Kapuściński und ob man mehr
haben könne. Das ist natürlich übertrieben, aber es hat mich
riesig gefreut. Nachdem ich seine E-Mail bekommen hatte, musste ich
zum Arbeitsamt. Der Gang fiel mir plötzlich viel leichter.
RF: Es ist ein sehr
flaneurhafter Text geworden, notgedrungen frei von tiefergehenden
Recherchen. Ist er das Risiko wert, das Sie auf sich genommen haben?
Stock: Naja,
flaneurhaft, ich weiß nicht. Dieser Ich-Stil ist ja im Englischen
nichts Ungewöhnliches. Bei uns darf man das meist nur, wenn man
gleich seine Gefühle dazuschreibt, bei den Angelsachsen dient es
ganz einfach zur Authentifizierung der Geschichte. Der Mann hat das
und das gesagt, weil ich ihn getroffen habe. Im Deutschen muss man
dabei immer so rummurksen: „Der Reporter...“ oder auch gerne:
„Wer wissen will, warum xy, muss Herrn z fragen...“ Schrecklich. Ob es das Risiko
wert war? Auf jeden Fall. Immerhin habe ich ja direkt mitbekommen,
wie die Milizen auf die Zivilbevölkerung geschossen haben, das habe
ich sonst von einem Journalisten bisher nicht gelesen. Bei
Todenhöfers Artikel in der Zeit ein paar Tage vorher hieß es ja
eher: "Eigentlich alles ganz friedlich hier. Und das Essen ist
auch lecker.“ Das habe ich eben ganz anders erlebt. Aber klar, mein
Artikel war keine tiefschürfende Analyse. Davon gab es schon viele,
Augenzeugenberichte nur eine Handvoll.
RF: Wie geht es
jetzt weiter?
Stock: Ich weiß es
nicht. Und das fühlt sich gut an. Man gerät ja schnell von einer
Mühle in die nächste. Wie komme ich auf die Henri-Nannen-Schule, wo
mache ich meine Praktika, wann bekomme ich einen
Pauschalistenvertrag? Dann arbeitet man sich halbtot, bis man einen
befristeten Vertrag hat, dann geht es darum, den zu entfristen, und
schon ist der ganze Tag voll mit Konferenzen und irgendwelchem
anderem komischem Kram. Immer geht es darum, irgendwo anzukommen, und
kaum ist man da, will man weiter. Und ich fürchte, dabei vergisst
man irgendwann, warum man das eigentlich macht, und die guten
Geschichten geraten in den Hintergrund.
Wenn man nichts mehr
zu verlieren hat, ist das auch eine Befreiung. Ob mich eine Redaktion
einstellt, nach Syrien? Wahrscheinlich finden viele meine Aktion ganz
lustig, aber will ein Chefredakteur jemanden in der Redaktion, auf
den er sich nicht verlassen kann? Wie auch immer: Jetzt kann ich mich
auf’s Schreiben konzentrieren. Das finde ich ganz gut. Vielleicht ändert
sich das noch und ich verfluche mich irgendwann. Aber ich habe die
letzten Jahre eine Menge Druck und Angst verspürt, Angst zu
versagen, es nicht zu schaffen, erfolgreich zu sein. Diese Angst kann
nagender sein als die Todesangst in Misurata. Komischerweise wurde
diese Angst immer größer, je weiter ich kam. Und die ist jetzt auf
einmal weg. Dafür bin ich sehr dankbar.
RF: In welches
Krisengebiet fahren Sie als nächstes? Stock: Erstmal in
gar keins. Als nächstes möchte ich über das Internationale
Skatgericht in Altenburg berichten. Das finde ich spannend. Wahnsinn
gibt es überall.
Die Fragen stellte Ariel Hauptmeier
Zurück |